Michael Lierke
Praxis für ambulante Rehabilitation
Krankengymnastik und Sportphysiotherapie
Ärztehaus - Avrilléstraße 3
65824 Schwalbach am Taunus

 

Systematischer Trainings-Aufbau

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für eine Reaktivierung des M. vastus medialis
nach verletzungsbedingter Atrophie
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(Hier am Beispiel einer operativ versorgten VKB-Ruptur)
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Unter Verwendung des Posturomed
mit Motion Feedback System und Reha-Modul

Als typischer Vertreter der überwiegend aus Muskelfasern des Typ 2 aufgebauten Muskeln ist der M. vastus medialis besonders von postoperativer oder posttraumatischer Atrophie betroffen. Muskeln dieses Fasertyps zeichnen sich durch eine schnellkräftige Kontraktionsfähigkeit aus und sind in dieser Eigenschaft besonders nach Verletzungen nur sehr schwer zu reaktivieren. Der Großteil der in der traditionellen Physiotherapie verwendeten Therapieverfahren zur Bewältigung dieser Aufgabe spielt sich im Bereich isometrischer Übungen ab. Dies entspricht jedoch nicht der primären Arbeitsweise der Muskulatur und ist daher in seiner Effektivität eher beschränkt. Der M. vastus medialis wird überwiegend bei derlei Übungen auch nicht in eine Funktionskette benachbarter Muskelgruppen eingebunden, wie es eigentlich seiner Physiologie entspräche. Auch dies steht einem effektiven Training des M. vastus medialis entgegen.

Andere Übungsformen sind zwar vielleicht effektiv, bedürfen jedoch teilweise erheblicher körperlicher Kraftanstrengungen des Therapeuten, wie beispielsweise PNF. Nachteil solcher Techniken ist, dass die einzelnen Reizsetzungen nicht reproduzierbar wiederholt werden können, da sie auch von der Tagesform des Therapeuten und zahllosen anderen Parametern abhängen. Zum Teil sind die Therapeuten - insbesondere Therapeutinnen - selbst zu schwach, derartige Methoden überhaupt effektiv anwenden zu können. Besonders nachteilig ist jedoch der Umstand, dass der Patient hierbei grundsätzlich auf Therapeutische Hilfe angewiesen ist und keine Möglichkeit des eigenständigen Trainings besitzt.

Übungen an sog. Beinstreckern, wie sie inzwischen auch in zahlreichen Therapieeinrichtungen gebräuchlich sind, bergen häufig zusätzliche Verletzungsrisiken für den Patienten. Dies gilt insbesondere bei Verwendung ungeeigneter Trainingsgeräte, wozu beispielsweise mit sehr wenigen Ausnahmen fast alle Beinstrecker auf dem Markt zählen. Abgesehen von der Tatsache, dass ein Quadriceps-Training am Beinstrecker ohnehin zu den eher fragwürdigen Trainingsformen für ein verletztes vorderes Kreuzband zählt, ist dies auch unter funktionellen Gesichtspunkten nicht unbedingt sinnvoll.

Im Folgenden möchte ich ein systematisches Mehrschritt-Programm aufzeigen, wie wir es in meiner Praxis bereits seit 1995 erfolgreich mit Hilfe des Reha-Trainingsgerätes Posturomed und Anbauteilen aus eigener Fertigung praktizieren. Unter Verwendung des inzwischen auch von Haider Bioswing angebotenen Motion Feedback Systems und des neuen Reha-Moduls eröffnen sich nun jedem Anwender therapeutische Möglichkeiten, die das Posturomed zum mit Abstand vielseitigsten Reha-Trainingsgerät machen dürften. Mit nur wenigen Handgriffen lassen sich diese beiden Module an jedem Posturomed nachrüsten.

Schritt 1:
Gewöhnung des Kniegelenkes an Bewegungen in Flexion / Extension mit hoher Frequenz

Ziel:
Aktivierung der Typ 2-Fasern des Quadriceps, zunächst unter weitgehender Gelenkentlastung
 

Vorbereitung:
Zunächst werden die beiden Elemente des Raha-Moduls am Posturomed angebracht (Bild 1). Zur Verbesserung der Standfestigkeit werden rutschhemmende Unterlagen an entsprechender Stelle auf der Quertraverse und dem Schubelement des Reha-Moduls aufgelegt (Bild 2). Besonders gut geeignet sind hierfür die auf den Bildern erkennbaren “Fussabdrücke” der Firma Airex. Zur Gewährleistung einer möglichst intensiven sensomotorischen Stimmulation führt der Patient alle Übungen grundsätzlich barfuss aus.

Der Patient platziert den Fuss des operierten Beines exakt in der Mitte des Schubelementes. Um eine bessere Stabilisation des Rumpfes und damit eine gesicherte Ausgangsstellung zu gewährleisten, sollten sich weniger geübte Patienten zusätzlich am Haltegeländer des Posturomed vorn und seitlich festhalten. Mit seinem Körpergewicht steht der Patient überwiegend auf dem unverletzten Bein, je nach aktuell ärztlicherseits erlaubter Gewichtsbelastung der verletzten Strukturen. Der Erfolg der Übung ist nicht von der Höhe des Belastungsgewichtes abhängig, so dass bereits mit sehr geringem Auflagewewicht ein hoher Trainingseffekt zu erzielen ist.
 

Übungsausführung:
Zunächst ist es die Aufgabe des Patienten, die Therapieebene durch kleine, schnelle Bewegungen in Flexion und Extension des Kniegelenkes aufzuschaukeln, ohne dass es hierbei zu seitlichen Bewegungsausschlägen kommt. Ziel ist hier eine möglichst hohe Bewegungsfrequenz. Das Kniegelenk des Patienten soll sich hierbei nicht von der Stelle bewegen, um sicherzustellen, dass die Bewegung tatsächlich aus dem Kniegelenk heraus und nicht aus angrenzenden Gelenken erzeugt wird. Hierbei kann es eine Hilfe sein, wenn man dem Patienten mit Hilfe eines um das Haltegeländer herumgelegten Therabandes einen Orientierungspunkt zur Verfügung stellt, an dem er sein Knie zu halten hat (Bild 3). Der Fuss wird mit Belastungsschwerpunkt im Fersenbereich vollflächig aufgesetzt. Hierdurch soll eine Aktivierung des M. gastrognemius verhindert werden, welche eine erhöhte Aktivität der Beugerkette faszilitieren und damit die Aktivität des M. quadriceps abschwächen würde.

Je nach ärztlicher Belastungsfreigabe kann diese Übung bereits mit geringstem Auflagegewicht des verletzten Beines erfolgen. Es ist nur sehr wenig Kraft erforderlich, um die Therapieebene gemäß der therapeutischen Zielsetzung in Bewegung zu versetzen, da das Posturomed durch sein Rückschwungverhalten den Patienten in der Bewegungsausfühung unterstützt.

Die Gefahr einer vorderen Schublade besteht bei dieser Übungsausführung nicht, da es innerhalb dieser geschlossenen kinetischen Kette automatisch zu einer Kokontraktion der ischiocruralen Muskulatur und damit zu einer aktiven Gelenksicherung kommt.
 

Erfolgskontrolle über das Motion Feedback System:
Es muss hierbei zu einem gleichmäßigen Sichtbarwerden des seitlich angebrachten roten Bewegungsanzeigers auf beiden Seiten des schwarzen Bewegungsanzeigers kommen (Bilder 4 und 5). Seitliche Ausweichbewegungen können hierbei am vorderen Motion Feedback System abgelesen werden, welches sich in Bewegungsrichtung vor dem Patienten befindet. Der Rote Bewegungsanzeiger darf hier nicht rechts und links neben dem schwarzen Bewegungsanzeiger sichtbar werden!

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Bild 1:
Querbrücke und Schubelement des
Reha-Moduls werden angebracht
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Bild 2:
Vorbereitung des Posturomed
mit rutschhemmenden Airex-Füßen
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Bild 3:
Schaffung eines Orientierungspunktes mit Hilfe eines Therabandes (optional)
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Bild 4:
Stellung der Bewegungsanzeiger
in der Schubphase nach vorn
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Bild 5:
Stellung der Bewegungsanzeiger
in der Rückschwungphase
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Schritt 2:
Erhöhte Beanspruchung der Kniegelenksextensoren
durch hohe Anteile exzentrischer Muskelarbeit

Ziel:
Steigerung der Reizdichte zur verbesserten Aktivierung des M. quadriceps
 

Vorbereitung:
Siehe unter Schrit 1
 

Übungsausführung:
Hier hat der Patient die Aufgabe, bei möglichst Beibehaltung der hohen Bewegungsfrequenz eine vollständige Rückwärtsbewegung des Posturomed über die Neutralstellung hinaus zu verhindern. Diese Aufgabe stellt bereits eine deutlich erhöhte muskuläre Beanspruchung für den Patienten dar und kann in aller Regel noch nicht in der ersten Therapieeinheit auf dem Posturomed bewältigt werden. Durch die Abbremsung der Rückwärtsbewegung kommt es hier zu einer exzentrischen Muskelarbeit, bei der der Patient nicht mehr die Eigendynamik des Posturomed zur Unterstützung des Bewegungsablaufes nutzen kann. Vielmehr muss er hier permanent im Wechsel konzentrisch und exzentrisch gegen den Widerstand anarbeiten, welchen ihm das Posturomed entgegensetzt. Es ist hierbei aus dem oben beschriebenen Grund besonders wichtig, dass der Fuss des bewegenden Beines mit Fersenbelastung aufgesetzt wird.
 

Erfolgskontrolle über das Motion Feedback System:
Am Motion Feedback System kann man bei richtiger Bewegungsausführung nun auf dem seitlich angebrachten Bewegungsanzeiger beobachten, dass der rote Bewegungsanzeiger ausschließlich auf der der Bewegungsrichtung abgewandten Seite zum Vorschein kommt Bild 6). Auf dem vorderen Bewegungsanzeiger muss der rote Bewegungsanzeiger permanent durch den schwarzen Anzeiger verdeckt bleiben (Bild 7). Ein Auftauchen des roten Bewegungsanzeigers signalisiert dem Patienten wie seinem Behandler sofort eine fehlerhafte Ausführung der Übung (Bild 8).

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Bild 6:
Stellung der Bewegungsanzeiger
während der Schubphase nach vorn
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Bild 7:
Die Rückbewegung erfolgt
nur bis zur Neutralstellung
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Bild 8:
Ausführungsfehler: Roter
Bewegungsanzeiger ist vorn sichtbar!
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Schritt 3:
Weitere Steigerung der Belastung durch Einsatz lateralisierender bzw. außenrotierender
Kraftvektoren mit Hilfe externer Zugwiderstände über einen oder mehrere Rollenseilzüge

Anmerkung:
Diese Steigerungsvariante ist in einer späteren Phase der Therapie insbesondere bei fortgeschrittenen Patienten mit antero-medialer Instabilität angezeigt. Hier kommt der medialen Stabilisationskomponente besondere Bedeutung zu. Bei der hier vorgestellten Übung besteht trotz stärkerer Belastung in Richtung Adduktion keine Gefahr eines medialen Gapping im Kniegelenk, da dieses innerhalb der geschlossenen kinetischen Kette durch Kokontraktion der Antagonisten aktiv gesichert wird.
 

Ziel:
Zusätzliche Betonung der medialen Komponente unter Mitbeteiligung insbesondere der zweigelenkigen Adduktoren sowie des M. popliteus.
 

Vorbereitung:
Siehe unter Schrit 1. Es werden hier zusätzlich an den am Posturomed angebrachten Befestigungsösen Zuggewichte über Rollenseilzüge angebracht. ACHTUNG: Bei Widerständen, die die Therapieebene des Posturomed nach lateral, medial, ventral oder dorsal ziehen, müssen die Zugkräfte grundsätzlich an zwei Punkten (den beiden außen gelegenen) angreifen, da es ansonsten zu einer Torsionswirkung auf die Therapieebene kommen kann! Wiederstände, die bewußt zur Stimulation rotatorischer Kräfte an der Therapieebene des Posturomed angebracht werden, bedürfen nur eines Befestigungspunktes (Bild 9). ACHTUNG: Insbesondere rotatorische Widerstände sollten bei diesem Übungsaufbau nur mit äußerst geringen Kräften auf die Therapieebene einwirken. Kräfte jenseits von 2 kp sind von den meisten Patienten nicht zu bewältigen und daher insbesondere bei Verletzungen des Bandapparates kontraindiziert! Als Erfahrungswert kann man empfehlen, dass man zunächst lediglich 1 kp für die rotatorische sowie 2 x 3 kp für die translatorische Kraftwirkung einsetzt.
 

Übungsausführung:
Zunächst muss sichergestellt sein, dass der Patient über sein gesundes Stützbein und beide Hände am Haltegeländer (vorn und seitlich) einen äußerst stabilen Halt hat. Nun versucht der Patient durch eine Innenrotation des Kniegelenkes (Vorfuss nach innen, Ferse nach außen drücken) zunächst die beiden Bewegungsanzeiger in parallele Stellung bringen. Eine Achsengerechte Stellung des Kniegelenkes ist hier besonders zu beachten! Weiterhin soll der Patient durch Adduktion der Hüfte die nach außen versetzte Therapieebene wieder bis zur Mittelstellung zurück ziehen. Gelingt dem Patienten diese recht schwere Aufgabe, kann er als zusätzliche Anforderung die Therapieebene wie unter Schritt 2 beschrieben, durch schnelle Kickbewegungen nach vorn bewegen und wieder nur bis zur Mittelstellung zurückkehren lassen.
 

Erfolgskontrolle über das Motion Feedback System:
Am Motion Feedback System sollte nun zunächst zu erkennen sein, dass alle Bewegungsanzeiger permanent parallel zueinander stehen. Ist dies der Fall, belegt dies die korrekte Anspannung des Patienten in innenrotatorischer Richtung. Die Bewegungsanzeiger des vorderen Motion Feedback Systems sollten nun deckungsgleich, d.h. ohne seitlichen Versatz übereinander stehen (Bild 10). Die richtige Ausführung der Kickbewegung nach vorn kann wie unter Schritt 2 beschrieben kontrolliert werden.

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Bild 9:
Translatorische und rotatorische
Widerstände am Posturomed
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Bild 10:
Korrekte Ausführung:
Bewegungsanzeiger deckungsgleich
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Weitere Steigerungsmöglichkeiten
 

Die am Posturomed angebrachten Befestigungsösen erlauben grundsätzlich die Übertragung von Zugwiderständen auf die Therapieebene aus jeglicher Richtung sowie deren beliebige Kombination untereinander. Zur erweiterten Belastung des M. quadriceps können so beispielsweise Zugkräfte von hinten am Posturomed angreifen, die gegen die Extension des Kniegelenkes wirken. Eine Betonung der Ischio-Cruralen Muskulatur ist gegen von vorn angreifende Widerstände mit Bewegungsausführung in Richtung Kniegelenksflexion möglich. Hier sollte der Belastungsschwerpunkt auf dem Vorfuss liegen, um eine erhöhte Aktivität der Beugerkette zu faszilitieren.

Auf diese Weise ergibt sich eine sehr große Bandbreite möglicher Übungsformen. Wer immer sich in funktioneller Anatomie, Biomechanik und den Grundlagen der Trainingslehre auskennt, findet hier sicher einen Weg, seinen jeweiligen Patienten wirkungsvoll zu einer raschen Wiederherstellung einer beeinträchtigten physischen Leistungsfähigkeit zu verhelfen. Hierbei beschränkt sich das Therapiespektrum durchaus nicht allein auf die Behandlung von Verletzungen der unteren Exremität. Es lassen sich gleichwohl äußerst effektive Übungen für die obere Extremität wie für die Rupfmuskulatur mit dem Posturomed durchführen.

Wenn Sie neugierig geworden sind und mehr über das Therapiespektrum mit den Reha-Trainingsgeräten Posturomed und Torsiomed erfahren möchten, können Sie gern einen individuellen Schulungstermin in Ihrer eigenen Praxis mit mir vereinbaren. Näheres hierzu erfahren Sie HIER!

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